Tödliche Keime aus dem Stall

Schweinemast suljo

Wer heute ins Krankenhaus muss, ist einer zunehmenden Gesundheitsgefahr ausgesetzt: Krankenhauskeimen. So absurd es klingt, aus einem kleinen Eingriff kann eine tödliche Gefahr werden - dann, wenn sich der Patient mit gefährlichen Keimen wie MRSA und ESBL infiziert und gegen die Erreger resistent ist, weil keine Antibiotika mehr anschlagen. Die Gefahr ist natürlich umso größer, wenn die Hygienevorschriften nicht eingehalten werden.

Die Ursache liegt an der zunehmenden Antibiotikaresistenz aufgrund eines großzügigen Antibiotikaeinsatzes. Die Krankenkasse DAK beklagte auf dem diesjährigen Europäischen Antibiotikatag die allzu freizügige Verschreibung von Antibiotika. Allein schon von den Vier- bis Sechsjährigen erhielten letztes Jahr 41 Prozent der DAK-versicherten Kinder Antibiotika.

Noch drastischer sieht es in der Tiermedizin aus. Nach einem Bericht von Zeit.de vom 27.11.2014 werden in der Veterinärmedizin mehr als doppelt so viel Antibiotika verschrieben, wie in der Humanmedizin. In der Massentierhaltung hat die Gabe von Antibiotika in großem Stil System: Wenn ein paar Tiere husten, bekommen Tausende Arznei ins Trinkwasser, so ein Bericht von Zeit.de. Demnach wurden im Jahr 2013 sage und schreibe 1456 Tonnen Antibiotika von Tierärzten verschrieben.

In Deutschland infizieren sich jährlich 400.000 Menschen mit Krankenhauskeimen und 15.000 sterben, die Dunkelziffer könnte wesentlich höher sein. Zum Vergleich: Im Jahr 2013 starben in Deutschland nur etwa 3.340 aufgrund eines Verkehrsunfalls.

Jetzt möchte sich die Bundesregierung einschalten. Die Bundeskanzlerin hat verlauten lassen, das Thema Antibiotikaresistenz auf dem G7-Gipfel einzubringen, da multiresistente Keime ein weltweites Problem darstellen. Die Bundeskanzlerin begrüßt ausdrücklich eine Reduzierung des Einsatzes von Antibiotika, vor allem bei der Nutztierhaltung.

Multiresistente Keime werden immer wieder auf rohem Fleisch nachgewiesen, vorzugsweise auf Schweinefleisch und Geflügel, denn in Mastanlagen, wo ja der Einsatz von Antibiotika gang und gäbe ist, können sich MRSA, ESBL und Co. prima vermehren. Immer öfter werden hierzu Studien durchgeführt.

Im Jahr 2011 wies der BUND bei 50 Prozent von untersuchten Hähnchenfleischartikeln gefährliche Keime nach, in 10 Proben wurden ESBL-bildende Keime gefunden, in zwei Proben MRSA-Keime.

2013 untersuchte die Tierärztliche Hochschule Hannover 120 Hähnchen in einem Schlachthof und fanden in vielen Proben ein Enzym, dass mit resistenten Keimen in Verbindung gebracht wird. Die Proben aus dem Knochengerüst der Hähnchen waren zu 89 Prozent mit ESBL kontaminiert, die Proben aus dem Blinddarm zu 72 Prozent. Auch die Stiftung Warentest führte im Jahr 2013 eine Studie durch und fand in 12 von 20 Proben resistente Keime.

Jetzt testete die Tierschutzorganisation PETA 57 Fleischproben  aus verschiedenen Discountern und Supermärkten: Aldi Süd, Lidl, Edeka, Real und Rewe hinsichtlich MRSA und ESBL. Das beauftragte bayerische Fachlabor untersuchte Rind-, Schwein- und Geflügelfleisch. Das Labor wies in 65 Prozent der getesteten Fleischproben MRSA und / oder ESBL nach. 31 Prozent der Proben waren mit MRSA infiziert, 45 % mit ESBL. Geflügel wie Putenfleisch und Hühnerfleisch schnitten besonders schlecht ab: 86 Prozent der Fälle waren mit Keimen belastet. Auch Hackfleisch erwies sich nicht als sehr appetitlich, da 66 Prozent der Fleischproben mit Erregern kontaminiert waren.

"Wo Antibiotika eingesetzt werden, nehmen Resistenzen zu. In den Tierfabriken werden die Medikamente tonnenweise verabreicht, da die auf Leistung gezüchteten Tiere die kurze Zeit in den unhygienischen und nicht annähernd tiergerechten Haltungsbedingungen nicht überleben würden", mahnt Edmund Haferbeck, Leiter der Rechts- und Wissenschaftsabteilung bei PETA Deutschland e.V. "Wegen antibiotikaresistenten Bakterien versagen lebensnotwendige Medikamente."

Das Robert-Koch-Institut rät, in der Küche im Umgang mit Fleisch Vorsicht walten zu lassen. Es wird empfohlen, bei der Zubereitung von Fleisch Einweghandschuhe zu tragen, um sich vor den MRSA-Keimen zu schützen. Schneidebrett und all das Werkzeug, was mit dem rohen Fleisch in Kontakt komme, solle nicht ungewaschen für die Zubereitung anderer Lebensmittel verwendet werden. Man solle Messer und Bretter heiß waschen oder in der Spülmaschine reinigen.


Kommentar:
Ist Fleisch, dass eine derart hohe Wahrscheinlichkeit aufweist, mit gesundheitsschädlichen Keimen belastet zu sein und bei dessen Zubereitung äußerste Sicherheitsmaßnahmen vorzunehmen sind, noch als Lebensmittel einzustufen? Müsste vielmehr eine solche gesundheitsgefährliche Zutat nicht eher aus der Küche verbannt werden?

Referenzen:

  • aerztezeitung.de, 18.11.2014: Resistente Keime auf dem Vormarsch
  • zeit.de, Multirsistente erreger
  • zeit.de, 27.11.2014: Dauernd Stoff vom Arztzeit.de, 21.11.2014: Kann man trotz MRSA noch Fleisch essen?
  • rtfl.de, 28.11.2014: Kritik an Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung - Peta findet resistente Bakterien im Fleisch

 
Autor: Karin Großhardt